Andrej WASSILJEW, Moskau, Russland Fotos: Sergej KIVRIN, Moskau, Russland
Die zweite Hälfte des Monats Mai 2022. Aserbaidschan. Der Frühling, nachdem er alle von ihm vorgesehenen Arbeiten beendet hat, bereitet sich nun darauf vor, die Macht dem Sommer zu übergeben. Und in Schuscha fällt gerade ein leichter Regen, ein kalter Wind weht mit solcher Beharrlichkeit, als ob er entschieden hätte, von meiner Jacke die letzten Reste der Wärme auszudrücken.
Immer wieder rutschend auf dem steilen und engen Steig, erreichen wir mit großer Mühe den Turm, der einst die Verteidigungsmauer der Stadt vervollständigte. Es ist gut, dass man sich noch an der halbzerstörten Steineinzäunung festhalten kann. Hinter dieser ist ein Garten zu sehen, der mit wilden Büschen zugewachsen ist. Davor steht ein junger Mann.
„Suchen Sie etwas?“, fragt er uns.
Wir erklären ihm das Ziel unserer Wanderung.
„Ich sehe, dass Sie die Angereisten sind“, sagt er.
„Wir sind die Journalisten aus Moskau“, antworte ich. „Und sind Sie aus dieser Gegend?“
„Ich bin geboren in Baku, aber meine Eltern kommen aus Schuscha. Da ihr Haus“, zeigt er in Richtung der sich hinter den Bäumen verbergenden Ruinen. Vom Gebäude blieben nur die drei Wände mit ausgebrochenen Fenstern.
Für uns ist alles klar auch ohne Erklärungen. Aus jenen Aserbaidschanern, die aus der Stadt im Jahre 1992 vertrieben wurden, kann vielleicht nur einer von hundert sein Haus in relativer Unversehrtheit finden. Relativ, weil die Marodeure aus den Reihen der armenischen Nachbarn keine Behausung ausgelassen hatten, und sie nahmen alles mit: von dem häuslichen Gerät und Eisen vom Dach bis zu den Tür- und Fensterrahmen.
„Emil“, - unser Gesprächspartner stellt sich vor, „ich arbeite im Ausschuss für Architektur und Stadtplanung. Ich werde die Stadt wieder aufbauen und bin glücklich darüber. Sonst wäre es für mich schwer, hierher zu kommen. Denn die Polizei kontrolliert in der Stadt die Ein- und Ausreise am strengsten, und das sollte auch so sein. Der Gegner hat so viele Minen gelegt, dass das Entschärfungskommando noch viele Jahre Arbeit hat. Die Menschen wollen schnell wieder nach Hause zurück, nachdem sie schon dreißig Jahre darauf gewartet hatten. Meine Mutter träumte auch davon, ihren Garten nochmals zu sehen, sie hat aber den heutigen Tag nicht erlebt“.
Von fast jedem Aserbaidschaner, mit dem ich meine ziemlich bitteren Eindrücke aus einer völlig verwüsteten Region teilen musste, habe ich immer wieder gehört:„Wir werden wiederherstellen! Wir werden auf jeden Fall alles wiederherstellen!“
Was mir auffiel, war nicht die Gewissheit, mit der man das sagte, sondern die Tatsache, dass man nichts mehr vom erfahrenen bitteren Schmerz hinzufügte. Keiner von ihnen machte Vorwürfe den Armeniern, deren Urgroßväter vor zweihundert Jahren nach Karabach zogen, neben ihnen lebten und das Brot mit Aserbaidschanern teilten. Und dann sahen sie gleichgültig zu, wie die Soldaten ihre Nachbarn mit Gewehrkolben auf die Straße trieben. Und ich sage noch mehr! Natürlich sagten das nicht alle Aserbaidschaner, aber viele: „Genug vom Krieg! Wir müssen im Frieden leben. Wenn sie (die Armenier) wollen, können sie zurückkehren, wieder hier arbeiten, ihre Kinder großziehen. Aber sie dürfen dann nicht mehr vergessen: Karabach ist Aserbaidschan!
Die Geschichte Karabachs ist alt und wunderlich. Hier stießen sich die Interessen vieler Großmächte, und ohne vom Lauf der Ereignisse, von Ursachen und Folgen der Konflikte und Kriege, die immer wieder auf dieser Erde aufgetreten waren, zu wissen, ist es auch schwer zu verstehen, was hier heute passiert.
Die ersten Menschen lebten vor fast zwei Millionen Jahren in Karabach. Das klingt wirklich astronomisch, so dass wir behaupten können, dass dieses Gebiet eines der ältesten Zentren der menschlichen Zivilisation war. Im 4. bis 3. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung entstand im Norden des heutigen Aserbaidschans das legendäre Kaukasische Albania, Karabach gehörte mehr als eintausend Jahre dazu. Für die Menschen in Karabach war dies ihr eigener Staat, und die zweite Hauptstadt des Kaukasischen Albanias, die Stadt Barda, lag ebenso auf ihrem Land.
Im Jahre 314 erklärte der albanische König Urnair das Christentum zur offiziellen Religion für sein Land. So wurde das Kaukasische Albania zum ersten christianisierten Land in der Geschichte. Danach wurde in ganz Albania der Bau der Kirchen, Klöster und Kapellen durchgeführt. Viele von ihnen sind bis heute in Karabach erhalten geblieben. Die Kaukasischen Albanier hatten ihre eigene Schrift, und sogar die Namen der Abhandlungen sind bekannt, die von albanischen Wissenschaftlern und Geistlichen erstellt worden sind. Leider wurde ein großer Teil davon durch armenische Kirchenleute vernichtet oder verfälscht.
Obwohl das albanische Christentum ursprünglich aus Byzanz stammte, wurde es etwas später neben dem armenischen Christentum zum monophysitischen Glauben; aus diesem Grund wurden die albanischen und armenischen Kirchen im 6. Jahrhundert als Häresie aus der Weltkirche exkommuniziert. So wurde das Kaukasische Albania vom Rest der alten christlichen Welt getrennt und hatte engen Kontakt wegen der gleichen Glaubensrichtung nur zur armenischen Kirche. Gerade das gab später den armenischen Kirchenvätern die Möglichkeit, das christliche Erbe Albanias, einschließlich Karabachs, nach dessen Untergang zum „armenischen Erbe“ zu erklären.
Im 8. Jahrhundert verlor das Kaukasische Albania unter den Schlägen der Araber seine Unabhängigkeit, aber bis zum 13. Jahrhundert blieb Karabach unter der Herrschaft der albanischen Fürsten. Die Mehrheit der Bevölkerung konvertierte zum Islam, aber es gab auch viele, die ihren monophysitischen Glauben weiter bewahrten.
Dann kam die mongolische Invasion, und Karabach kam unter die Macht des Staates der Ilkhaniden, die später durch das Reich des grausamen Eroberers Tamerlan ersetzt wurden. Ende des 14. Jahrhunderts war die Bildung des lokalen Volks in Karabach beendet. Der Autor der Abhandlung „Aja‘ib ad-Dunya“ („Wunder der Welt“) berichtet, dass hier damals mindestens 100.000 Reiter aus den Turkvölkern lebten.
Im 15. Jahrhundert war Karabach ein Teil der turkmenischstämmigen Staaten Kara-Koyunlu und Ak-Koyunlu. Und seit 1501 begann der Gründer der neuen Dynastie, Schah Ismail Safawi, über das Schicksal Karabachs zu verfügen. Während seiner Herrschaft wurde Aserbaidschanisch zur Sprache des Hofs, der Armee und der Diplomatie und Aserbaidschan zum Herzen und Grundstein des Safawiden-Reiches. Karabach verwandelte sich währenddessen in ein großes Beylerbeylik (Gouvernement), das von der turkmenischstämmigen Familie der Kadscharen, den zukünftigen Schahs des Iran, angeführt wurde.
Das 16. Jahrhundert war, wie auch das 17. und die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts, eine Zeit endloser Kriege zwischen dem Reich der Safawiden sowie dem Osmanischen und Russischen Reich. Und hier kam die Zeit des tapferen Kriegers Panahali Bey aus der Adelsfamilie Dschawanschir. Er nutzte die damals in Aserbaidschan herrschende Machtlosigkeit aus und gründete einen unabhängigen Staat - Karabach-Khanat. Ab diesem Moment beginnt auch die Geschichte von Schuscha.
Das erste Mal, als ich nach Schuscha kam, war im Oktober 2021, also fast ein Jahr nach der Befreiung der Stadt von der armenischen Besetzung. Achtzig Kilometer steilster Serpentinen führten zu einer hohen Klippe (mehr als anderthalbtausend Meter), auf der Schuscha in den Wolken schwebte. Es gab nur eine Straße, die in die Stadt führte. Die Stadt war praktisch uneinnehmbar. Und das war es, was Panahali Khan damals anzog. Er wählte lange einen Ort für die Hauptstadt des Karabach-Khanats. Die Festungen Bayat und Askeran fand er nicht geeignet dafür. Dem Khan passte auch das nach seinem Befehl gebaute Schloss Schahbulag später nicht mehr. Im Jahre 1752 gründete er Schuscha, das zunächst nach ihm Panahabad genannt wurde. Es war eine besondere Stadt, die auch nicht an der Kreuzung der Handelsstraßen angelegt wurde, wie die anderen Siedlungen. Und die ersten Einrichtungen, die hier auftauchten, waren keine Karawansereien, Markthallen und Werkstätten, sondern die Festung, Kasernen, Ställe, Lagerhäuser und Waffenarsenale.
Panahali Khan brauchte ein Symbol für die Unabhängigkeit seines Staates, eine Zitadelle, die den Feinden Angst machte, einen Ort zum Ausruhen von der Arbeit und von den Sorgen, ein geräumiges Haus, in dem seine Familie in Sicherheit leben konnte.
Während der Besetzung der Stadt durch Armenien, die fast drei Jahrzehnte dauerte, wurde in Schuscha vieles zerstört. Vor allem betroffen ist die einst 2600 Meter lange Festungsmauer, die dem Schutz der Stadt von der Nordseite, die alleine für die Infanterie und Reiter zugänglich war, gedient hatte. In dem einem Jahr, das seit der Befreiung von Schusсha vergangen ist, war es den Restauratoren gelungen, einen großen Teil der Mauer wiederherzurichten.
Historiker versichern: Heute ist das Aussehen der Zitadelle das gleiche wie damals, während der Regierung von Panahali Khan. Bei anderen Strukturen ist die Situation schlechter. Die Zeit und die Zerstörung in den Jahren der Besetzung verwandelten ganze Stadtteile in Ruinen. Es sind heute von Panahali Khans Schloss nur kleine Reste zu sehen. Zerstört sind in Schuscha auch die Moscheen, von denen es früher siebzehn gab. Das Medresse-Gebäude liegt auch in Ruinen, von den Palästen der Beys (aserbaidschanischen Adligen) blieben nur Steinhaufen übrig.
Aber die Stadt war besonders interessant wegen ihres ältesten Teils, der sich auf der unteren Terrasse befindet. Dieser wurde im späten 18. bis frühen 19. Jahrhundert gebaut und war von später durchgeführten Wiederaufbau- und Umstrukturierungsarbeiten nur wenig betroffen. Hier verliefen schmale Straßen, die von Baumkronen beschattet wurden, hinter den Steinzäunen standen die Häuser aus lokalem weißen Stein. Heute ist fast nichts mehr von der damaligen Schönheit erhalten geblieben.
Zweifellos wird es auch diejenigen geben, die diese Zerstörungen den Wechselfällen des Krieges zuschreiben wollen: „A la guerre comme a la guerre“. Aber alleine damit kann man das nicht erklären. Es gibt ziemlich viele Fotos von Schuscha vor der Besetzung, auf denen die Gebäude noch erhalten zu sehen sind; vielleicht sind sie nicht in perfektem Zustand, aber mit Fenstern, Türen, Dächern. Und während des Befreiungssturms auf die Stadt im November 2020 wurde der Befehl strikt befolgt, keine Artillerie und Raketensysteme anzuwenden. Die Kämpfe durfte man nur mit Schützenwaffen durchführen, um Schuscha nicht zu beschädigen.
Armenische Nationalisten, vor allem von der Partei „Daschnakzutjun“, und die Anführer der Karabach-Separatisten hatten in letzten Jahrzehnten großen Einfluss auf die Politik dieses Landes. Bewegt vom Mythos „Großarmenien“, stürzten diese das armenische Volk ins Chaos und führten es zum Krieg gegen die aserbaidschanischen Nachbarn im Namen dieser fantastischen (besser absurden) Idee. Aserbaidschan hat darunter sehr schwer gelitten, die dreißig Jahre lang besetzten Städte und Dörfer sind zerstört, einige davon gar vernichtet, über eine Million Aserbaidschaner aus ihren eigenen Orten sind vertrieben. Aber dieses ungeheure Abenteuer hat auch sehr schwere Folgen für die Armenier, vor allem politische und wirtschaftliche...
Und auch Schuscha wurde in den dreißig Jahren der Besatzung zerstört. Die armenischen Nationalisten hatten es immer im Visier, um alles Aserbaidschanische in dem besetzten Karabach und seiner Umgebung zu zerstören: nichts sollte mehr darauf hindeuten, dass diese Territorien zu Aserbaidschan gehören, die Aserbaidschaner hier gelebt, die Städte gebaut, die Infrastruktur eingerichtet, auf den Feldern gearbeitet und die Gärten bepflanzt hatten.
Sie haben es aber einfach nicht geschafft, Schuscha ein Ende zu bereiten, obwohl sie sich darum sehr bemühten. Nicht nur historische Objekte fielen unter den Plan der totalen Säuberung, zerstört wurden gleichzeitig die Museen, Krankenhäuser, Sanatorien und Kurhäuser. Die meisten Privathäuser können nicht wiederaufgebaut werden.
Die Wirtschaft und die Kommunikation der Stadt sind völlig verfallen. Alles, was zerlegt und mitgenommen werden konnte, wurde nach Armenien fortgeführt. Zum Zeitpunkt von Schuschas Befreiung konnte man hier kaum den Unterhalt von zweitausend armenischen Einwohnern, hauptsächlich Militärangehörige und ihre Familien, noch leisten. Und das alles unter dem Motto, ein „zweites Armenien“ auf dem Territorium Aserbaidschans zu schaffen. Weiterhin wundern mich die Vorstellungen der Urheber dieses Projekts: Drei frühere Geschäftsreisen, die ich hinter mir habe, haben es mir ermöglicht, schon vorher vieles davon zu sehen: hunderte Kilometer Schützen- und Panzergräben, Kaponniere für Panzer und Stacheldraht, Hunderttausende von versteckten Minen! Und hinter diesem allen die ebenso besetzten und zerstörten aserbaidschanischen Bezirke Aghdam, Fizuli, Gubadli, Kalbadschar, Latschin, Dschabrail und Zangilan, die niemals zum einstigen Autonomiegebiet Aserbaidschans Bergkarabach gehört hatten...
In einer der alten Straßen von Schuscha steht ein kleines Haus. Hier hat ein Mann gelebt, der mit einer Stimme von erstaunlicher Schönheit begabt war. Sein Name war Murtusa Mammadow, aber das Volk gab ihm einen anderen Namen - Bülbül, das heißt Nachtigall. Der berühmte Regisseur und Theatermacher Stanislawski, der dessen Stimme während eines Vokalistenwettbewerbs im Jahre 1933 gehört hatte, schrieb ihm: „Du singst wirklich wie eine Nachtigall und das Singen ist für dich eine Lebensnotwendigkeit“. Das Museum in Bülbüls Haus wurde bereits restauriert. Allerdings liegt das Haus des Begründers der Opernmusik in der islamischen Welt, des Komponisten Üzeyir Hajibeyov, immer noch in Ruinen. Nur das Tor zum Garten blieb erhalten.
In Ruinen liegt heute auch der Palast der Dichterin Khurschud Banu Natawan, der Enkelin des letzten Herrschers von Karabach, einer erstaunlichen Frau, ohne die die Stadt Schuscha niemals zum „Konservatorium des Ostens“ werden konnte. Das Haus der Khanstochter - so ist der Natawan-Palast auf dem allgemeinen Plan von Schuscha bezeichnet - war in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eins der Zentren des kulturellen Lebens der Stadt. Zu den von Natawan hier arrangierten Madschlisen – Poesie- und Musikveranstaltungen – wurden die besten Sänger eingeladen. Dank ihr reichte der Ruhm mehrerer Sänger aus Schuscha über die Grenzen hinaus. Und es stellt sich die Frage: Womit hat Natawan die armenischen Nationalisten gestört? Warum haben sie ihren Palast zerstört und die auf dem Stadtplatz stehende Büste der Dichterin unter Beschuss genommen?
Und das ist nicht alles; es gibt noch mit Kugeln durchsiebte Denkmäler der Gefallenen des Zweiten Weltkriegs, zerbrochene Grabsteine und ausgegrabene Gräber, die Moscheen, die in Schweine- und Kuhställe verwandelt worden sind. Es gibt nur eine Antwort darauf: nackte Fremdenfeindlichkeit und Chauvinismus, die sowohl in Armenien als auch in der armenischen Diaspora im Ausland durch die „Volkshelden“ und Hassprediger ständig betrieben werden. Es ist nur erstaunlich, dass das armenische Volk diesen Aufhetzern glauben und ihnen folgen konnte?
In Büchern über Schuscha sah ich mehrmals Fotos aus den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts von Dichterlesungen am Mausoleum von Molla Panah Wagif. Dieser außergewöhnliche Mann lebte im 18. Jahrhundert. Ein brillanter Lyriker und ein ausgezeichneter Lehrer, hatte er wegen seiner Bildung dem damaligen Herrscher von Karabach, Ibrahim Khalil Khan, so gut gefallen, dass er ihm den Posten des Wesirs anbot. Und Wagif, wie man sagt, rechtfertigte dieses Vertrauen: in kurzer Zeit gelang es ihm, die diplomatischen Kontakte zu den benachbarten Staaten herzustellen und er hat viel für die Entwicklung des Staates und die Verbesserung der Verteidigung der Hauptstadt beigetragen. Und als sich die Armee von Agha Muhammad Schah Gadschar der Stadt näherte, griff der Dichter zur Waffe und zeigte sich als mutiger Krieger.
Der Name Wagif blieb in Karabach in Erinnerung und wurde verehrt. Und ein schönes Mausoleum wurde für ihn nach seinem Tod errichtet (die Besatzer zerstörten es) und ein Poesiefestival seines Namens versammelte immer wieder viele Schriftsteller und Liebhaber der Poesie. Keinem armenischen Dichter wäre damals eingefallen, die Bedeutung von Wagif für die Literatur zu leugnen, nur aus dem Grund, dass er kein Armenier war. Aber schon Ende der achtziger Jahre wurden aus Eriwan Nationalisten entsandt, die in Schuscha und noch häufiger in Stepanakert (das umbenannte aserbaidschanische Dorf Khankendi) lebende Armenier aufhetzten, Kundgebungen durchzuführen, um die Übergabe des aserbaidschanischen Autonomiegebiets Bergkarabach an Armenien zu verlangen. Und das führte zu den grausamen Auseinandersetzungen und zum Krieg.
Natürlich kamen diese blutigen Ereignisse nicht aus dem Nichts, sie haben eine Vorgeschichte, die sich über fast zwei Jahrhunderte erstreckt. Und mehr als eine negative Rolle spielten dabei Russland, England und Frankreich.
Das Khanat Karabach ist das Tor zu Nordaserbaidschan. Damit war man einverstanden im Iran, im Osmanischen Reich und in Russland. Die Frage war nur: Wer wird der Erste sein, der den Schlüssel dazu erhält. Die Diplomaten handelten, Armeen marschierten auf, Städte wurden eingenommen und aufgegeben, Soldaten fielen. Am meisten betroffen dabei war die Bevölkerung von Schuscha, für die die Sorge um das tägliche Brot viel wichtiger war, als geopolitische Interessen der Großmächte.
Nachdem das Khanat Gendsche von russischen Truppen eingenommen worden war, war es nicht mehr möglich, die Unabhängigkeit Karabachs zu bewahren. Daher entschied sich Ibrahim Khalil Khan, die Macht des russischen Zaren über Karabach anzuerkennen. Am 14. Mai 1805 wurde darüber die Abmachung von Kürektschaj unterzeichnet. Formell behielt der Khan seine Macht über Karabach, aber in der Wirklichkeit wurde es von Beamten und Offizieren der in Karabach stationierten russischen Garnisonen regiert. Sie trauten Ibrahim Khalil Khan nicht, er störte sie sogar. Und kurz nach dem Vertragsabschluss wurde der Khan samt seinen Familienmitgliedern getötet, nur sein ältester Sohn überlebte.
Es war unruhig in Karabach: Einzelne Rebellionen drohten in einen allgemeinen Aufstand zu münden. Da Sankt Petersburg die Loyalität der neuen Untertanen für unsicher hielt, entschied die Zarenregierung, in denneueroberten Gebieten christliche Bevölkerungsgruppen aus anderen Ländern anzusiedeln, um dadurch das Okkupationsregime zu stützen. Dazu wurden Armenier aus der Türkei und dem Iran ausgewählt. Ab 1828 stieg der Zustrom der Einwanderer. Im kurzen Zeitraum von 1828 bis 1830 wurden nach den Bestimmungen der Verträge von Turkmentschaj und Adrianopel in die okkupierten aserbaidschanischen Gebiete 124.000 armenische Familien umgesiedelt. Nach der offiziellen Zählung von 1832 machten die Aserbaidschaner in Karabach 91 % der Bevölkerung aus, die Armenier nur 8,4 %. Doch schon einige Jahrzehnte später sank die Zahl der Aserbaidschaner auf 64,8 % und die der Armenier stieg auf 34,8 %. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts erreichte der Anteil der Armenier in Schuscha und Umgebung 53 %. Anfang des 20. Jahrhunderts schrieb der Publizist Nikolaj Schawrow, von einer Million und dreihunderttausend Armeniern, die damals in Transkaukasien leben, gehören mehr als eine Million nicht zu den indigenen Einwohnern der Region und sind russischerseits dort angesiedelt worden. Das heißt, keiner der armenischen Migranten wurde der autochthonen Bevölkerung zugeschrieben, was jedoch nicht verhinderte, daß sie als privilegierter Teil der Einwohner angesehen wurden. Ihnen wurde Land zugewiesen, das den Aserbaidschanern gehörte, die Staatskasse half ihnen, Haus und Hof anzuschaffen und sie wurden gern bei den Behörden angestellt. Obwohl die russische Kirche den armenischen Glauben zur Häresie erklärt hatte, wollte die Zarenpolitik die Armenier als orthodoxes Volk sehen, daher war das Wort „orthodox“ für sie ein Glaube, das die Tür zu Dienst und Karriere öffnete und dadurch auch zu Wohlstand führte.
Man kann sich nur über die Blindheit der russischen Macht wundern: Die Armenier hielt man für die „Glaubensbrüder“, woraus der eindeutige Schluss folgte, dass sie „sicherer“ waren. Es gibt viele Beispiele der Standhaftigkeit und Treue der Aserbaidschaner, die in der russischen Armee dienten. Aus dem kleinen Schuscha, das Anfang des 20. Jahrhunderts vierzigtausend Einwohner hatte, kamen zahlreiche Feldherren, die für persönliche Tapferkeit mit Orden ausgezeichnet wurden. Daher wurde der Unterschied, den die russische Macht zwischen den Aserbaidschanern und Armeniern machte, mit der Zeit immer weniger, sollte sogar einmal ganz verschwinden. Nichtsdestoweniger sollten am Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts die Armenier wieder benutzt werden. Diesmal wollten England und Frankreich weite Territorien des Osmanischen Reiches erobern. Die unter den Osmanen lebenden Armenier sollten dafür die Rolle der „Fünften Kolonne“ spielen. Die beiden genannten Länder hatten große Mittel für die Vorbereitung des armenischen Aufstands investiert: sie wurden ausgerüstet, an der Spitze der Aufständischen wurden erfahrene armenische Offiziere gestellt und Propagandisten dahin geschickt. Aber der Plan platzte und dieses englisch-französische politische Abenteuer wurde zur Tragödie für das armenische Volk. Andererseits waren die damals gesäten Drachenzähne der Keim für neue Gewalt, auch in Karabach, wo die armenischen nationalistischen Organisationen entstanden waren. Im Jahre 1905 kam es zu Unruhen in Schuscha, die in bewaffnete Auseinandersetzungen übergingen. Dabei wurden von Aserbaidschanern bis zu dreihundert Menschen getötet, von Armeniern etwa hundert, mehr als vierhundert Häuser wurden in Brand gesetzt.
Das einmal gelegte Feuer konnte lange nicht gelöscht werden. Nach dem Zusammenbruch des Russischen Reiches flammte es mit neuer Kraft auf. Die Banden der Nationalisten, geleitet von Andranik Ozanjan, Dro, Nschde und verstärkt durch armenische Truppen, die vorher gegen das Osmanische Reich gekämpft hatten, zerstörten aserbaidschanische Dorfer und brannten sie nieder und töteten die friedlichen Bewohner. Ende 1917 - Anfang 1918 gelang es ihnen, die Wege nach Schuscha zu sperren. Nur durch Handlungen der Regierung der Aserbaidschanischen Demokratischen Republik gelang es, die Stadt zu retten.
Die Entente-Länder Frankreich und Großbritannien hatten auf den Einfall Armeniens nicht reagiert, denn sie vertraten weiter die proarmenische Position. Die von der Teilnahmslosigkeit der Entente ermunterten armenischen Anführer verwiesen auf territoriale Ansprüche in der Aserbaidschanischen Demokratischen Republik. Alimardan Toptschibaschow, damals der Vorsitzende des aserbaidschanischen Parlaments, äußerte sich zum Problem so: „Die von den Armeniern gestellte Frage über Karabach ist keine Frage von fünf oder zehn Dörfern. Es ist die Frage von vier Provinzen - Schuscha, Dschabrail, Dschawanschir, Sangesur - die die Existenz der aserbaidschanischen Bevölkerung bedroht“.
Die Einmischung Armeniens in die inneren Angelegenheiten Aserbaidschans hörte nicht auf. Am 22. März 1920, nach dem von den armenischen Nationalisten aufgestellten Plan, kam es in Karabach zum bewaffneten Aufstand. Die Kämpfe fanden in Terter, Khodschali und Asgeran statt. Schuscha wurde erneut in Brand gesetzt. Die armenischen Kämpfer töteten die vorm Feuer fliehenden Aserbaidschaner unbarmherzig. Es wurden über siebentausend Häuser verbrannt, Tausende friedlicher Bewohner sind umgekommen.
Schuscha, einst eine der gemütlichsten Städte Aserbaidschans, war nun niedergebrannt und leer. Die Bolschewiki, die im Frühjahr 1920 die Macht in Aserbaidschan erobert hatten, dachten nicht mehr daran, der Stadt ihren vorigen Status zurückzugeben. Sie erklärten das Dorf Khankendi zum Verwaltungszentrum des von ihnen gebildeten autonomen Gebietes und nannten es Stepanakert zu Ehren ihres Kampfgenossen Stephan Schaumjan, der einige Jahre zuvor die blutigen Expeditionen gegen die friedlichen Aserbaidschaner in Baku, Guba, Schamacha und anderen Orten Aserbaidschans organisiert hatte. Zu Beginn des Konflikts Anfang 1988 lebten im ehemaligen autonomen Gebiet Aserbaidschans Bergkarabach 70 % Armenier und 30 % Aserbaidschaner. Schuscha war fast ausschließlich von Aserbaidschanern bewohnt.
Wenn wir das vom bekannten aserbaidschanischen Dichter Khagani Schirwani (12. Jahrhundert) erstellte Epitheton verwenden, können wir sagen, dass Khankendi am Rand von Schuscha liegt.
Die Stadt, in die im Gegensatz zu Schuscha in den Sowjetjahren sehr viele Staatsgelder investiert wurden, ist gut sichtbar von der Festungsmauer von Schuscha. Die Häuser in Khankendi können von hier aus ohne optisches Gerät gezählt werden. Übrigens, wenn es während des Zweiten Karabach-Krieges in Khankendi zu den Zerstörungen durch Raketen und Artillerie kam, (darüber hat die westliche Presse oft geschrieben), sind sie weniger als in von den Armeniern in die Ziegel zerlegten Schuscha oder bis zum Boden zerstörten Aghdam. Im zweiten Karabach-Krieg waren die Zerstörungen in Khankendi viel weniger, als in dem durch Armenien bis zum Grund zerstörten Schuscha oder Aghdam.
Wieder zurück zum Beginn des Konflikts. Ende der achtziger Jahre - Anfang der neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts wurde der Karabach-Konflikt in der sowjetischen Presse nur einseitig geschildert. In der damaligen Sowjetführung und in den zentralen Medien waren viele Personen armenischer Herkunft, die immer wieder das Eine propagierten: die Armenier in Karabach seien das am meisten unterdrückte Volk auf der Erde, und das müsse ein Ende haben. Die Lösung wäre, dass das Autonome Gebiet Bergkarabach nicht mehr zu Aserbaidschan, sondern zu Armenien gehören sollte. Nur wenige Menschen in der ehemaligen Sowjetunion wussten, wo Karabach liegt und wem es gehört. Aber die Öffentlichkeit, stark beeinflusst von den Medien, akzeptierte die Version armenischer Propagandisten.
Ich habe Karabach 1987 besucht und entdeckte hier kein Anzeichen von Diskriminierung. Die Armenier lebten in Karabach ziemlich gut, sogar besser als die Aserbaidschaner. Und das Lebensniveau in Aserbaidschan war damals höher als im benachbarten Armenien. Und im Gebrauch ihrer Sprache wurden die Armenier niemals begrenzt: es gab hier armenische Schulen, es wurden Zeitungen für ganz Aserbaidschan in Armenisch gedruckt, eine Radiosendung in Armenisch ausgestrahlt.
Damals habe ich einen langen Artikel über die reale Situation in Bergkarabach geschrieben. Aber es gab nur wenig Zeitungs-Beiträge damals über die wahre Lage in Bergkarabach, und im turbulenten Strom der anti-aserbaidschanischen Propaganda waren diese nicht auffällig. Die Bildung einer öffentlichen Meinung gegen Aserbaidschan und die Aserbaidschaner und der Mythos von der Unterdrückung der Karabach-Armenier waren nur erste Schritte, die die armenischen Nationalisten unternommen hatten. Es folgten viel ernsthaftere Aktionen, um Karabach von Aserbaidschan zu trennen. Übrigens, im Jahre 1923 lebten in Armenien viel mehr Aserbaidschaner in der Region Göjtsche (Armenisch Sewan), als Armenier in Karabach. Die Anzahl der aserbaidschanischen Bevölkerung in Georgien und in Dagestan war auch höher als die Zahl der Armenier in Karabach. Die Armenier haben 1923 die Autonomie in Aserbaidschan bekommen, aber den Aserbaidschanern erteilte man die Autonomie weder in Armenien noch in Georgien noch in Dagestan. 1988, einige Monate nach den Pogromen gegen die armenische Bevölkerung in der aserbaidschanischen Stadt Sumgait wurden etwa 250.000 Aserbaidschaner aus Armenien deportiert. In den damaligen Sowjetmedien hat man die SumgaitEreignisse dafür ausgenutzt, das aserbaidschanische Volk und Aserbaidschan weiter zu verteufeln. Aber die Deportation der Aserbaidschaner aus Armenien wurde ganz verschwiegen. Als es im Januar 1990 zu armenischen Pogromen in Baku kam, haben die nun sehr einflussreichen armenischen Nationalisten und ihre Gönner die Sowjetführung überzeugt, Teile der Sowjetarmee in die Hauptstadt Aserbaidschans einmarschieren zu lassen. Dabei kamen viele unschuldige Menschen ums Leben, wofür keiner der Machthaber die Verantwortung übernahm.
Ende 1991 wurde die Sowjetunion aufgelöst, zwei Monate danach, im Februar 1992, haben die armenischen Truppen mit Unterstützung eines ehemaligen Sowjetregiments ein grausames Massaker gegen die Zivilbevölkerung der Stadt Khodschali in Karabach verübt. Nach diesem Völkermord an den Aserbaidschanern begann der erste Karabach-Krieg. Die Streitkräfte Armeniens wurden dabei durch die Reste der ehemaligen Sowjetarmee unterstützt und haben nicht nur das Autonome Gebiet Bergkarabach, sondern auch einen nach dem anderen der sieben umliegenden aserbaidschanischen Bezirke, deren gesamtes Territorium 2,5 Mal größer ist als das Territorium Bergkarabachs, erobert. Tausende Menschen starben. So wurde ein Fünftel des Territoriums Aserbaidschans durch Armenien besetzt.
ch habe des Öfteren gehört, dass die Aserbaidschaner die Stadt Schuscha während des ersten KarabachKriegs mit aller Kraft verteidigt hätten und bei diesen Kämpfen 193 Menschen ums Leben gekommen seien. Aber die Kräfte waren damals nicht gleichmäßig. Am 8. Mai 1992 fiel Schuscha. Viele seiner Bewohner konnten im Voraus evakuiert werden, der Rest musste unter der Bedrohung von Maschinengewehren ihre Häuser verlassen. Beladen mit Taschen und Koffern, mit Kindern auf dem Arm, zogen die Flüchtlinge aus der Stadt. Dutzende von Kilometern mussten zurückgelegt werden, bevor sie sich wieder sicher fühlten. Aber schließlich gab es viele, die nicht in der Lage waren, wegzugehen: alte Menschen, Frauen mit Säuglingen, Behinderte und Verwundete blieben in Schuscha und in den anderen von Armenien besetzten aserbaidschanischen Orten. Über das Schicksal dieser Menschen ist bis heute nichts bekannt, höchstwahrscheinlich hatten sie ein grausames Schicksal. Nach der Befreiung Karabachs von der Besatzung entdeckte man mehrere Massengräber. Dort lagen die getöteten Aserbaidschaner.
Während der dreißigjährigen Besatzung wurde in Schuscha kein einziges großes Projekt durchgeführt, kein einziges Haus wurde gebaut, kein einziger Baum gepflanzt, kein Meter Asphalt verlegt. Die Häuser sind ausgeraubt, alles, was tragbar war, wurde mitgenommen, der Rest wurde zerstört. Es ist auch zu merken, dass keiner der in Schuscha lebenden Armenier es vorhatte, dauerhaft zu bleiben. Die Gegend, in der sie lebten, kann wegen ihres Schmutzes mit den ärmsten Orten der Welt verglichen werden.
In der Nähe von Schuscha gibt es Wälder und sogar einen Wasserfall. Dort strömt durch eine enge Schlucht der Fluss Daschaltichaj, der über die Felsen eilt und kocht. Aber die Hauptattraktion ist natürlich Dschidir Düsü - das berühmte Hippodrom von Schuscha. Das ist eine große grüne Wiese außerhalb der Stadt. Während der Zeit der Khane von Karabach wurden hier die Reitwettbewerbe abgehalten. Auf drei Seiten umgibt das Plateau ein Abgrund. Er ist so tief, dass es beängstigend ist, sich dem Rand zu nähern. Im November 2020 fanden hier schwere Kämpfe statt. Am 7. November drangen motorisierte aserbaidschanische Regimenter in die Stadt ein. Schuscha wurde von der Besatzung befreit.
Die Wiederherstellung Schuschas begann, wie auch anderswo in Karabach, mit der Minenentschärfung. An den Häusern hingen danach Schilder mit der Aufschrift: „Überprüft. Keine Minen. Staatliche Agentur Aserbaidschans für Minenentschärfung“. Dann war es notwendig, die Stadt mit Strom und Wasser zu versorgen. Die zentralen Straßen wurden geräumt und gepflastert. Nach der Befreiung öffneten zwei Hotels sowie mehrere Geschäfte und Cafés. Und es gibt hier nun auch genug Besucher.
Schuscha kehrt zum friedlichen Leben zurück. In der Stadt wird viel gebaut, daher ist auf den Straßen viel Lärm zu hören. Darüber hinaus wachsen das Tempo und der Umfang der Bauarbeiten von Monat zu Monat.
In Übereinstimmung mit dem generellen Wiederaufbauplan für die Entwicklung von Schuscha wird die Altstadt mit Häusern aus dem 18. und 19. Jahrhundert nicht berührt. Hier werden ausschließlich Restauratoren arbeiten, die bereits mehrere Moscheen, Karawansereien, Bäder und Privathäuser wiederhergestellt haben. Aber Stadtviertel mit fünfstöckigen Paneelgebäuden werden abgerissen und an ihrer Stelle zwei- und dreistöckige Häuser errichtet, die mit dem traditionellen weißen Stein aus Schuscha verkleidet werden. Davor werden Plätze und Gärten angelegt.
Es wird hier jetzt noch ein multifunktionales Zentrum gebaut mit einem großen Konzertsaal sowie Restaurant und Hotel. Mit dem Bau einer neuen Schule und eines Krankenhauses wurde auch schon begonnen.
Endlich kam die Sonne heraus. Am Himmel lösten sich die Wolken auf und die Luft erlangte jene kristallene Transparenz, die vor 270 Jahren Panahali Khan motiviert hatte, seine Hauptstadt Schuscha zu nennen, das bedeutet „Glas“ auf Aserbaidschanisch. Der tagelange Regen spülte gründlich das durch die Bauarbeiten in Schuscha verstaubte Laub rein und es begann mit verschiedenen Grüntönen zu spielen. Und die ganze Stadt, die so viele Leiden ertragen sollte, schien nun erholt zu sein, als wolle sie die Jahre der Besatzung vergessen. Ich will glauben, dass diese nie wieder zurückkommt.